Gemeinderat erteilt Privatschule Hausverbot

Angela Müller Zumbrunn will eine Schule gründen und sucht dafür nach einem passenden Gebäude. In ihrem Wohnort Fulenbach will ihr der Gemeinderat keine seiner Liegenschaften zur Verfügung stellen. Nun sind alternative Standorte gefragt.

erschienen im Oltner Tagblatt am 27. Juli

Im vergangenen Schuljahr besuchten 380 von 29 473 Kindern im Kanton Solothurn eine Privatschule. Bild: Rabe Info (CC BY-SA 4.0)

Im März trat Angela Müller Zumbrunn mit dem Plan, in ihrem Heimatdorf Fulenbach eine Privatschule zu gründen, an die Öffentlichkeit. Die studierte Sozialarbeiterin und Erziehungswissenschaftlerin sagte gegenüber Kolt, sie wolle ein alternatives Angebot zur Volksschule schaffen – auch für die eigenen Kinder.

Anders als in der öffentlichen Schule würden Schülerinnen und Schüler im sogenannten «Lernfreiraum» in altersdurchmischten Gruppen lernen und ein Zeugnis in Worten statt mit Noten erhalten. Und: Sie sollen weitgehend selbst bestimmen, wann sie welchen Lerninhalten wie viel Zeit widmen, sagte Müller Zumbrunn.

Fulenbacher Gemeinderat stellt sich in Brief gegen Privatschule

Ein pädagogisches Konzept und einen Businessplan habe sie bereits entworfen. Was noch fehle, um die eigene Schule im Sommer 2022 zu eröffnen: ein Gebäude und eine Lehrperson. Denn nur, wer all dies vorweisen kann, erfüllt die Anforderungen für die Bewilligung der Privatschule durch den Kanton.

So läuft das Bewilligungsverfahren beim Kanton ab

Wer eine private Schule führen will, benötigt die Erlaubnis des Regierungsrates. Dazu müssen Intiantinnen und Initianten zunächst ein Gesuch beim Volksschulamt stellen. Im Laufe des Bewilligungsverfahrens sind unter anderem folgende Dokumente einzureichen: ein Handelsregistereintrag, die Gebäudepläne, die baulichen Rahmenbedingungen (Raumgrösse, Hygiene, Brandschutz), ein Businessplan, das pädagogische Konzept und die Diplome der unterrichtenden Lehrpersonen. Ist die schriftliche Prüfung des Gesuchs erfolgreich, besichtigt eine vom Kanton beauftragte Fachperson die Räumlichkeiten. Ist auch dieser Check erfüllt, erteilt der Regierungsrat eine provisorische Bewilligung für zwei Jahre. Nach erneuter Prüfung kann eine definitive Bewilligung ausgesprochen werden.

Eine Anfrage dieser Zeitung bei Angela Müller Zumbrunn ergibt jedoch, dass diese noch immer nach einem passenden Gebäude sucht. Die Angelegenheit gestalte sich schwieriger als erwartet, sagt sie. «Die Schule schon diesen Sommer zu eröffnen, war ein gar sportlicher Zeitplan. Dem war ich mir von Anfang an bewusst.»

«Christoffelhaus» war als Standort vorgesehen

Dass Müller Zumbrunn die Gebäudesuche in Fulenbach aber bereits nach wenigen Monaten aufgab und sich nun in den umliegenden Gemeinden umschaut, hat einen bestimmten Grund: Ende März formulierte der Gemeinderat in einem Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt, eine klare Haltung zum Thema Privatschule. Er stelle sich grundsätzlich gegen ein solches Angebot.

Gemeindepräsident Thomas Blum (FDP) begründet den Beschluss des Gemeinderates zur Privatschule so: «Wir wollen in Fulenbach kein Konkurrenzangebot zur öffentlichen Schule.» In der Dorfschule herrsche Chancengleichheit für jedes Kind.

Der Auslöser der Stellungnahme des Gemeinderates war, dass Müller Zumbrunn ein Gebäude im Gemeindebesitz als Wunschstandort ins Auge gefasst hatte: das «Christoffelhaus». Sie schickte der Gemeinde eine schriftliche Anfrage, ob sie die Liegenschaft an der Dorfstrasse 20 als Schule nützen dürfe; das war noch bevor an der Gemeindeversammlung Ende Juni entschieden wurde, das baufällige Gebäude im Bieterverfahren zu verkaufen.

Suche in Fulenbach wegen Widerstand aufgegeben

Nach der Absage des Gemeinderates fragte Müller Zumbrunn nach, ob dessen ablehnende Haltung auch für Gebäude im Privatbesitz gelte. Zwar erhielt sie auf diese Anfrage keine direkte Antwort, aber wie Blum erklärt, trifft die Bau- und Planungskommission die Entscheidung, ob einer Nutzungsänderung bei einer Privatliegenschaft in Form eines Baugesuchs entsprochen werden kann.

Nach der Konfrontation mit dem Gemeinderat hat Müller Zumbrunn den Traum einer Privatschule in Fulenbach aber weitgehend aufgeben. Sie sagt: «Ich habe keine Lust, meine Schule an einem Ort aufzubauen, wo ich von Beginn weg einen so grossen Widerstand spüre.»

Oberbuchsiten begrüsst alternatives Lernangebot

Vergangene Woche landete Müller Zumbrunn nun einen ersten Erfolg bei der Gebäudesuche. In Oberbuchsiten hat sie ein ausgeschriebenes Gewerbegebäude im Privatbesitz entdeckt. Auch hier fragte sie die Gemeinde zuerst an, ob diese den Betrieb einer Privatschule in diesem Gebäude grundsätzlich bewilligen würde.

Die Baukommission gab den ungewöhnlichen Fall an den Gemeinderat weiter – und mit diesem konnte sie offen über ihre Pläne reden. Gemeindepräsident Jonas Motschi (Die Mitte) sagt: «Wir haben grundsätzlich nichts gegen eine Privatschule.» Entscheidend sei für den Gemeinderat einzig, dass der Standort zonenkonform ist. Klar sei jedoch, dass sich die Gemeinde nicht finanziell beteiligen würde.

Wenn ein paar Oberbuchsiter Kinder die Privatschule besuchen würden, habe das auf den Betrieb der Dorfschule kaum Auswirkungen, sagt Motschi weiter. Im Gegenteil: Eine gewisse Konkurrenz erachte er sogar als gesund. Zudem gebe es sicher einige Eltern, zu deren Lebensmodell die Ausrichtung der öffentlichen Schule nicht passe. Motschi sagt: «Ich finde es deshalb nicht abwegig, wenn sich jemand Gedanken über ein anderes Lernmodell macht.»

Noch steht Müller Zumbrunn mit dem Aufbau ihrer Privatschule aber ganz am Anfang. Damit die Gemeinde Oberbuchsiten einen Schulbetrieb via Nutzungsänderung zustimmen kann, muss die Fulenbacherin die Liegenschaft erst erwerben oder mieten.

Dennoch zeigt das Beispiel: Die Bestätigung der Zonenkonformität des Schulbetriebs ist eine Voraussetzung, damit ein Gesuch für eine Privatschule dem Regierungsrat zur Bewilligung vorgelegt wird.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..