Aargauer Blauburgunder süsser als der im Wallis

Der Kanton Wallis lässt wegen des verregneten Sommers ausnahmsweise AOC-Weine aus Trauben mit weniger Zucker zu. Im Aargau werden die Mindestwerte problemlos eingehalten, sagt Pascal Furer vom Branchenverband – und erklärt, warum Aargauer Weine unterschätzt sind.

Aargauer Zeitung, erschienen am 11. Oktober 2024

Pascal Furer, Geschäftsführer des Branchenverbands Aargauer Wein, an der Staatsweinkürung 2024 auf dem Hallwilersee. (Bild: Alex Spichale)

Überall in den Rebbergen werden derzeit Trauben geerntet und gepresst. Dabei lässt eine Meldung aus dem Wallis aufhorchen: Dort hat die Regierung auf Antrag des Weinbranchenverbands die Mindestwerte für den Zuckergehalt der Trauben gesenkt. Genauer wurden Auflagen für teurere Weine mit dem Herkunftsgütesiegel AOC gelockert, wie SRF am Mittwoch berichtete.

Im September habe es viel mehr geregnet als üblich, weshalb die Trauben weniger Zucker bilden konnten, heisst es in der Medienmitteilung des Kantons. Betroffen sind im Wallis unter anderem die Rebsorten Riesling-Sylvaner und Pinot Noir (in der Deutschschweiz: Blauburgunder) – das sind auch die beiden häufigsten Sorten im Aargau.

Grenzwerte im Aargau noch nie gesenkt

Im Kanton Aargau sind die Mindestwerte für den Zuckergehalt deutlich tiefer angesetzt als im Wallis. Laut Pascal Furer, Geschäftsführer des Branchenverbands Aargauer Wein wurden die Auflagen für den Zuckergehalt der Trauben bisher noch nie nach unten angepasst.

Die tiefere Zuckergrenze im Aargau bedeutet aber nicht, dass die hiesigen Trauben weniger süss sind als die Walliser. Im Gegenteil: «Für uns wäre es kein Problem, die regulären Anforderungen im Wallis einzuhalten», sagt Furer. Bei den bisher geernteten Trauben, von denen er die Werte kenne, sei die Grenze deutlich übertroffen worden.

Aargauer Blauburgunder süsser als im Wallis

Wie stark sich der Zuckergehalt der Walliser und Aargauer Trauben tatsächlich unterscheidet, wird sich erst zeigen, wenn die Ernte abgeschlossen ist und die Messwerte der einzelnen Winzerinnen und Winzer ausgewertet werden können. 2023 waren die Aargauer Blauburgunder-Trauben jedoch im Schnitt leicht süsser als im Wallis, wie ein Blick in die Weinleseberichte der beiden Kantone zeigt.

«Zu viel Zucker ist aber auch nicht gut, weil dann bei der Gärung zu viel Alkohol entsteht», betont Pascal Furer. So lagen die Werte in den Hitzejahren 2003 und 2018 weit über dem gewünschten Bereich. Der jüngste Kälteeinbruch sei gut für die Trauben, weil die Pinot Noir dann erst Aromastoffe bilden, so Furer. Insgesamt rechnet er für 2024 mit einem sehr guten Jahrgang – bei tieferem Ertrag.

Walliser Winzer beklagt Imageschaden

Derweil kommt die Senkung der Zuckergrenze im Wallis – und vor allem die Berichterstattung darüber – nicht überall gut an. Der Kanton habe mit seinem Schreiben ein katastrophales Signal ausgesendet, klagte ein Winzer gegenüber dem «Walliser Boten». Der durchschnittliche Weintrinker glaube nun, dass der Walliser Jahrgang 2024 von schlechter Qualität sei. Das gehe aber «meilenweit an der Realität vorbei».

Und weiter: Nicht die Produzenten von Qualitätsweinen, sondern die grossen Kellereien hätten im Branchenverband zunehmend das Sagen, so der Winzer. Deshalb sei es überhaupt erst so weit gekommen. Ob der Zuckerentscheid in einem Kanton, der den Grossteil seiner Weine in die übrige Schweiz exportiert, geholfen hat, darf zumindest bezweifelt werden.

Im Aargau ist die Ausgangslage eine andere: Hier wird fast der gesamte Wein innerhalb des Kantons getrunken. Vor allem deshalb und nicht wegen der Qualität seien Aargauer Weine ausserhalb der Kantonsgrenzen wenig bekannt, sagt Furer.


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